Das Handelsgesetzbuch ist für Unternehmer das, was das Bürgerliche Gesetzbuch für Verbraucher ist. In ihm schreibt der Gesetzgeber die Rahmen und Richtlinien bei der Ausübung eines Handelsgewerbes vor. Wie bei juristischen Texten üblich, wahrt es dabei einen gewissen Grad von Abstraktion, um Gesetze allgemeingültig zu lassen. Eines dieser abstrakten Elemente sind die sogenannten Grundsätze Ordnungsgemäßer Buchführung. Aber was genau verbirgt sich darunter und was muss der Gewerbetreibende da genau befolgen?
Die „G.O.B.s“ sind im HGB an verschiedensten Stellen erwähnt und werden teilweise genauer defininiert. So finden sich in §239 HGB (Führung von Handelsbüchern):
Formelle Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (Absatz 2 & Absatz 3):
(2) Die Eintragungen in Büchern und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden.
(3) Eine Eintragung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, daß der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiß läßt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind.
Das heißt, Buchungen, die getätigt wurden (z.B. die Buchung einer neuen offenen Forderung) dürfen nicht nachträglich verändert oder gelöscht werden sondern müssen bei Fehlern oder Veränderungen zunächst durch eine weitere Buchung „storniert“ werden. Anschließend muss beispielsweise die korrigierte Rechnung erneut gebucht werden. Es müssen also alle Fehler und Veränderungen nachvollziehbar sein.
Beispiel: Firma X verkauft einen Fernseher für 1000 Euro netto. Der Accounting Manager hat übersehen, dass der Praktikant die Rechnung mit der falschen Summe von 100 Euro geschrieben und bereits als offene Forderung in das Buchhaltungssytem gebucht hat. Der Manager fängt die Rechnung vor dem Versand ab und storniert die Buchung, indem er die Forderung zunächst mit dem Kommentar „Storniert, falsche Betrag ausgewiesen“ ausbucht und die korrigierte Rechnung als neue offene Forderung wieder einbucht. Da Firma X die Grundsätze Ordnungsgemäßer Buchführung befolgt, hebt der Accounting Manager die falsche Rechnung mit dem Kommentar „Storniert“ und der fortlaufenden Buchungsnummer im Ordner für Stornierungen auf. So kann ein Dritter ohne Probleme später feststellen, dass es sich um einen Fehler im Nettobetrag handelte.
Materielle Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung: §252 I 4 & 5
Neben den formellen G.O.Bs sind auch materielle, also inhaltliche Grundsätze zu beachten.
Der Gesetzgeber schreibt dazu:
4. Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlußstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlußstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekanntgeworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlußstichtag realisiert sind.
5. Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluß zu berücksichtigen.
Der Unternehmer soll die Lage seines Gewerbes inhaltlich korrekt darstellen, so dass z.B. bei bilanzierenden Unternehmen alle begründeten Risiken von Verlusten im passiven Bestandskonto „Rückstellungen“ erfasst sind und Gewinne erst dann als solche ausgewiesen werden, wenn sie auch tatsächlich realisiert sind (z.B. nicht gebucht werden, wenn sie noch in den Verhandlungen stecken).
Aufwendungen und Erträge sind im Jahresabschluss, im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung, zu berücksichtigen, sobald die Forderung besteht. Mehr zum Thema: Forderung und Zahlung
Beispiel: Der Einzelunternehmer Jochen Mustermann liefert am 28. Dezember einen Fernseher an Hans Becker „auf Rechnung“. Die beiden haben ausgehandelt, dass Hans Becker seinen neuen Fernseher per Banküberweisung binnen 7 Tagen bezahlt. Herr Mustermann bucht also am Tag der Rechnungsschreibung eine offene Forderung über den Kauf des Fernsehers gegenüber Hans Becker in seinem Buchhaltungsprogramm. Zahlt Hans Becker den Fernseher nicht mehr im selben Jahr, muss der Unternehmer Mustermann den Rechnungsbetrag trotzdem im Rahmen seines Jahresabschlusses (gewöhnlich am Ende eines Jahres) als Ertrag in der Gewinn- und Verlustrechnung angeben und als „Einnahme“ versteuern. Mehr zum Thema Lieferung nicht gleich Zahlung